Aus dem Dornröschenschlaf erwacht
Aus dem Dornröschenschlaf aufgeweckt wurde Lipperswil recht unerwartet vor anderthalb Jahren, als Ochsners Schwiegersohn, ein Amerikaner, in Kontakt zur Club Corporation International (ClubCorp) trat. Deren Golfmanager reisten in den Thurgau, prüften und rechneten, und danach lief plötzlich alles wie am Schnürchen. Ende 1998 erfolgte der erste Spatenstich, und bereits im kommenden Sommer sollen die Driving Range sowie neun Spielbahnen in Betrieb genommen werden.
Die Eröffnung der gesamten Anlage mit Klubhaus und Topinfrastruktur war auf den 1. Juni 2000 geplant. Die 18-Loch-Anlage bleibt reserviert für Klubmitglieder und Gäste, der 9-Loch Kurs wird der Öffentlichkeit zugänglich sein. Für die Baukosten in Höhe von 14 Millionen Franken kommt vollumfänglich die ClubCorp auf, die den deutschen Golfarchitekten Kurt Rossknecht verpflichtete, einen der international renommiertesten Golfplatzdesigner.
An sich wäre die Tatsache nicht sonderlich aufsehenerregend, dass ein ausländischer Investor bei einem Schweizer Golfprojekt einsteigt, das den behördlichen Slalomlauf bereits hinter sich und alle Bewilligungen auf dem Tisch liegen hat. Doch weil es sich um die ClubCorp handelt, liegen die Dinge grundlegend anders.
Denn die CLUB CORPORATION INTERNATIONAL, 1957 von Robert Dedman, 73, vor den Toren von Dallas mit dem Aufbau des Brookhavens Country Club gegründet, ist das weltweit grösste Unternehmen der Privatklubbranche und setzt derzeit mit gegen einer Viertelmillion Mitgliedern in mehr als 250 Klubs und Resorts in über 30 Ländern etwa 1,5 Milliarden Franken um. ClubCorp Gründer Dedmans Vermögen wird von «Forbes» auf gegen zwei Milliarden Franken beziffert; das US-Magazin kommt zum Schluss, mit einem perfekt organisierten, weltweiten Netz von Privatklubs lasse sich nicht bloss viel Geld umsetzen, sondern auch viel verdienen.
Mit der Akquisition des Drift Golf Club in Surrey bei London setzten die Amerikaner 1997 erstmals den Fuss auf unseren Kontinent. Im vergangenen Jahr kam der neue Golfpark Winnerod in der Nähe von Frankfurt dazu; Lipperswil ist die Nummer drei. Von mehreren weiteren Projekten sind jene in Warschau und Budapest spruchreif.
Parallel zu den Golfanlagen baut die ClubCorp derzeit auf dem Kirchberg in Luxemburg für über zehn Millionen Franken ihren ersten City Club in Europa, eine Art vornehmer Gesellschaftsklub, von denen es zwischen New York und Tokio schon über 70 gibt. Als Mitglieder sollen Manager aus der aufstrebenden Elite der luxemburgischen Wirtschafts- und Finanzwelt gewonnen werden und sich in das feingesponnene, weltweite Netz einbinden lassen, das man als «Business Community» bezeichnen könnte.
Das Bestechende am perfekt funktionierenden Konzept der ClubCorp hat sie derart erfolgreich gemacht: Wer seinen Obolus einmal entrichtet hat, gehört ab sofort weltweit sämtlichen Klubs der Vereinigung an. Mitglieder eines ClubCorp-Golfklubs sind folglich auch Member in den vornehmen City Clubs - und umgekehrt. Und dieses Konzept spielt dem auf halber Distanz zwischen Frauenfeld und Kreuzlingen gelegenen Golf-Club Lipperswil, der in diesen Tagen gegründet wird, gewichtige Trümpfe in die Hand.